ReHABITAT-Siedlung
Nachhaltige Sanierung und Wohnraumaktivierung einer Einfamilienhaussiedlung in Mistelbach
Motivation und Ausgangsituation
Erfreulicherweise streben immer mehr Gemeinden Klima-, Boden- und Umweltschutzziele an, schreiben sie in Entwicklungskonzepten nieder und treten diversen Bündnissen bei. Eine wichtige Rolle bei der Erreichung der Ziele spielt dabei auch die Sanierung des Gebäudebestands. Doch die Sanierungsrate stagniert österreichweit - insbesondere im Ein- und Zweifamilienhausbereich - schon seit Jahren auf einem sehr niedrigen Niveau (1,4 %; vgl. Amann 04/2020). Die Gründe sind vielfältig, gezielt nachgegangen wird ihnen aber nicht. Es fehlen neue Ansätze, wie Hauseigentümer:innen zur Sanierung motiviert werden können, Förderungen allein reichen ganz offensichtlich nicht. Stattdessen nehmen Leerstände und untergenutzte Gebäude zu. Gemeinden, die versuchen, Eigentümer:innen zu Vermietung oder Verkauf leerstehender Gebäude zu motivieren, sind nur selten erfolgreich. Darüber hinaus greift die gängige Definition von "nachhaltiger Sanierung" zu kurz. Denn unter "nachhaltig" wird in erster Linie die Verbesserung der Energieeffizienz eines Gebäudes verstanden, bei der bauökologische Aspekte, Kosteneffizienz und die Verbesserung des Wohnkomforts für die Nutzer:innen mitberücksichtigt werden. Der Anspruch, vorhandene Wohn- und Erschließungsflächen optimaler zu nutzen, ist, wenn überhaupt, nur sehr schwach ausgeprägt. Suffizienzstrategien werden außer Acht gelassen, Außenräume, Grün- und Freiräume, klimaschonende Mobilität, soziale, gemeinschaftsbildende und -fördernde Faktoren und eine siedlungsweite Betrachtung fehlen meist komplett. Es ist höchste Zeit, den Begriff "Nachhaltige Sanierung" umfassender zu sehen.
Inhalte und Zielsetzungen
Das einjährige Sondierungsprojekt verfolgte das Ziel, das Potenzial einer ganzheitlichen nachhaltigen Sanierung und Wohnraumaktivierung des Pilotgebiets "Oberer Stadtwald" zu erheben und zu analysieren und es im Rahmen eines Gesamtkonzepts für die ganze Siedlung auch zu konkretisieren und zu visualisieren. Eine ganzheitliche nachhaltige Siedlungssanierung beginnt - lange vor den technischen Überlegungen zur thermischen Sanierung oder zu bauökologischen Verbesserungen - bei den Menschen, ihren Bedürfnissen und Lebenssituationen. Die Handlungsansätze und möglichen Sanierungsmaßnahmen wurden partizipativ entwickelt und basierten auf Suffizienz. Dabei wurde und wird unter einem ganzheitlichen Ansatz, die Reduktion aller Ressourcenverbräuche, die Reduktion der Wohnfläche pro Kopf, der Einbezug privater und (halb)öffentlicher Grün- und Freiräume, eine umweltschonende Mobilität, die Berücksichtigung sozialer, gemeinschaftsbildender Faktoren und nicht zuletzt eine Erweiterung von der Einzelobjekt- auf die Siedlungsebene verstanden. Als Pilot diente ein Abschnitt einer Einfamilienhaussiedlung in Mistelbach (NÖ), der 38 Gebäude aus den 1970 bis 1990er-Jahren umfasst.
Übergeordnetes Ziel der Sondierung war es, Möglichkeiten und die Durchführbarkeit von Demonstrationsvorhaben im Pilotgebiet auszuloten.
Methodische Vorgangsweise
Die Basis für einen erfolgreichen Ablauf wurde mit innovativen, gemeinschaftsbildenden Aktivitäten zum Kontakt- und Vertrauensaufbau zwischen Eigentümer:innen, Bewohner:innen und dem Projektteam gelegt. Einer detaillierten Bestands- und Situationsanalyse folgte ein öffentlicher Vortragsabend, der in die Themenvielfalt und Handlungsmöglichkeiten für eine nachhaltige Siedlungssanierung einführte. Im nächsten Schritt wurden die Bedürfnisse und Zukunftsvorstellungen der Bewohner:innen erhoben. Bedarfserhebungen und Gespräche mit den teilnehmenden Haushalten zu Suffizienzstrategien, Umbauoptionen, Flächenoptimierung, biodiversitätsfördernde Gartengestaltung und Energiefragen folgten. Anschließend wurde bei einer dreitägigen Siedlungswerkstatt das Potenzial der Pilotsiedlung für funktionale und organisatorische Zusammenschlüsse optimierter Einzelgebäude (=Gebäudeverbände), für Energiegemeinschaften, gemeinschaftlich genutzte Grün- und Freiräume, die Umgestaltung öffentlicher Räume, sowie für nachhaltige Mobilität untersucht. Dabei wurden unter anderem Wege zur Umsetzung überlegt und die zentralen Pfeiler des Gesamtkonzepts festgelegt. Die maßgeschneiderten Optionen und Nutzungskonzepte für Haus und Garten auf Grundstücksebene, sowie für das Gesamtkonzept auf Siedlungsebene wurden ausgearbeitet und in persönlichen Terminen, sowie im Rahmen einer Abschlussveranstaltung präsentiert.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Ergebnisse auf Haus- und Grundstücksebene waren umfangreiche Konzeptmappen mit Plänen und Erläuterungstexten zu den dargestellten Entwürfen und zu den Handlungsmöglichkeiten im Bereich Flächen-, Energie- und Grünraumoptimierung.
Auf Siedlungsebene war das Ergebnis zum einen ein integrales Gesamtkonzept, das anhand von Plänen im A0 Format, zahlreichen A3 Infoplakaten und Collagen für die Themenfelder Energie, Mobilität, Grünraum & Ökologie, sowie Soziale Räume visualisiert wurde. Zum anderen war es eine auf andere Gemeinden übertragbare Herangehensweise für eine vorbildliche Siedlungssanierung, die Energie einspart, Flächen optimaler nutzt, Materialien im Kreislauf hält, Biodiversität fördert, das Mikroklima verbessert, die Gesundheit der Menschen wie des Bodens steigert, umweltbewusste Mobilität anregt und nicht zuletzt die Gemeinschaft der Bewohner:innen stärkt und so den Keim für neue Projekte, Ideen und Aktivitäten setzt.
Das Team profitierte von der interdisziplinären Zusammenarbeit enorm.
Es ist gut gelungen mit den Siedler:innen bezüglich ganzheitlicher Sanierung ins Gespräch zu bekommen. Bei Ideen zu gemeinschaftlichen Projekten, die über das übliche Maß (z.B. gegenseitige Hilfe etc.) hinausgehen, war dies allerdings deutlich schwieriger. Bei innovativen Ansätzen wie gemeinschaftlicher Energieversorgung oder car-sharing etc., braucht es noch mehr Zeit, um in den Denk- und Möglichkeitsraum der Menschen zu gelangen. Praktische Beispiele, um die vielfältigen Vorteile besser demonstrieren zu können, wären hier sehr hilfreich.
Das Projekt wurde vom BMK im Rahmen der Programmlinie "Stadt der Zukunft" gefördert.
"Stadt der Zukunft" ist ein Forschungs- und Technologieprogramm des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität Innovation und Technologie. Es wird im Auftrag des BMK von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) gemeinsam mit der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH (AWS) und der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) abgewickelt.
Kontakt
Gefördert von
- Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK)
- Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) Programmlinie Stadt der Zukunft, 8. Ausschreibung
PartnerInnen
- Bodenbündnis / Initiative des Klimabündnis
- EnU - Energie- und Umweltagentur des Landes NÖ
- Harddecor Architektur
- jury troy architects
- Natur im Garten
- StadtGemeinde Mistelbach
Infos
- Endbericht ReHABITAT-Siedlung (pdf-Datei, 19 MB)
- Masterplan Ziel 2030+ © ReHABITAT-Siedlung (pdf-Datei, 23 MB)
- Plan Soziale Räume Ziel 2030+ © ReHABITAT-Siedlung (pdf-Datei, 6 MB)
- Plan Grünraum und Ökologie Ziel 2030+ © ReHABITAT-Siedlung (pdf-Datei, 23 MB)
- Plan Mobilität Ziel 2030+ © ReHABITAT-Siedlung (pdf-Datei, 8 MB)
- Plan Energie Ziel 2030+ © ReHABITAT-Siedlung (pdf-Datei, 6 MB)
- Facts and Figures © ReHABITAT-Siedlung (pdf-Datei, 264 KB)
- Erläuterungen zu Zielplänen © ReHABITAT-Siedlung (pdf-Datei, 2 MB)
- Collagen und Detailpläne © ReHABITAT-Siedlung (pdf-Datei, 4 MB)
- Broschüre Grünraum und Ökologie-Soziale Räume-Mobilität-Energie (pdf-Datei, 14 MB)