ReHABITAT

Gender- und altersgerechte Sanierungs- und Revitalisierungsoptionen mit Zukunft

Wie kann mit ein und derselben Projektidee Leerstand in Einfamilienhäusern reduziert, weitere Zersiedelung vermieden, innerdörfliche Freiräume erhalten, Einfamilienhäuser kapital- und werterhalten, dörfliches Leben reaktiviert und die regionale Wirtschaft (wieder)belebt werden?

Die Lösung liegt im umweltgerechten, sozialgerechten und gemeinwohlorientierten Ansatz, unterbelegte Einfamilienhäuser in gender- und altersgerechte Mehrpersonenhäuser (MPH) umzugestalten. Unter einem Mehrpersonenhaus verstehen wir ein Haus, in dem mehrere Personen in einer Hausgemeinschaft leben, die nicht unbedingt einer Familie im engeren Sinne angehören (im Unterschied zum Mehrfamilienhaus). Wichtig bei diesem Ansatz ist außerdem, dass die Kubatur des Bestandsgebäudes nicht maßgeblich vergrößert wird und auch keine zusätzlichen Grünflächen dafür verbaut werden.

Handbuch "Neues Wohnen im alten Haus"

Im Handbuch finden sich zahlreiche innovative Ideen, wie bereits mit geringfügigen Veränderungen neue Wohn- und Lebensformen ermöglicht werden, die an die aktuellen persönlichen Bedürfnisse angepasst sind. Es richtet sich in erster Linie an BewohnerInnen und BesitzerInnen von Ein- und Zweifamilienhäusern und an Menschen, die gerne in einer kleinen Hausgemeinschaft leben möchten. Es bietet aber ebenso Anregungen und Empfehlungen für PlanerInnen, BeraterInnen und Gemeinden, die etwas gegen Leerstand, Zersiedelung und soziale Probleme in ihrer Gemeinde tun möchten.

Anhand von vier typischen Ein- und Zweifamilienhäusern aus dem ostösterreichischen Raum wird gezeigt, welche vielfältigen Möglichkeiten es gibt, diese Gebäude zu Mehrpersonenhäusern umzubauen. Weitere Kapitel zu den daran geknüpften haustechnischen Herausforderungen, rechtliche Informationen, Finanzielles, Handlungsempfehlungen und viele Mutmachbeispiele ergänzen die entwickelten Grundlagen und die Planvarianten.

Falls Sie Interesse an einer Vernetzung mit Gleichgesinnten haben, schicken Sie eine E-Mail an Julia Lindenthal mit Ihren Kontaktdaten und einer kurzen Schilderung Ihres Hintergrundes

Ausgangslage

Drei Viertel aller Gebäude Österreichs sind Ein- und Zweifamilienhäuser, in denen derzeit 58% aller Menschen leben. Der Sanierungs- und Revitalisierungsbedarf des Bestandes ist hoch, denn 72% der Objekte sind vor dem Jahre 1991 errichtet worden und die Sanierungsrate liegt trotz guter Förderangebote derzeit nur bei 1%.

Bedingt durch Landflucht, den Wandel der Familie und der Lebensstile werden immer mehr Einfamilienhäuser nur mehr von einer Person bewohnt (nach Trennungen, Auszug der Kinder, im Alter nach Tod des/der PartnerIn etc.). Dies bringt oft soziale Vereinsamung und meist auch finanzielle Probleme mit sich, die zusätzlich durch Sanierungsbedarf verschärft werden. Davon sind besonders Frauen betroffen, da sie im Durchschnitt immer noch weniger Geld und Vermögen zur Verfügung haben, gleichzeitig ihre Lebenserwartung aber höher ist als die der Männer. Außerdem müssen Haus und Garten kontinuierlich betreut, gepflegt und gewartet werden. Damit sind junge wie alte Menschen zunehmend überfordert. Die einen, weil es ihnen im immer hektischer werdenden Alltag an der Zeit, die anderen, weil es am nötigen Wissen, handwerklichen Können und/oder körperlichen Kräften mangelt.

Trotz der kontinuierlichen Ausweitung der Neubaugebiete und der damit einhergehenden Versiegelung fehlt es am Land an genügend adäquatem und leistbarem Wohnraum. Etwa um getrennt begehbare Wohneinheiten unter einem Dach, Start- und Singlewohnungen, betreutes Wohnen, oder Wohngemeinschaften zu ermöglichen.

Deswegen wurde im Rahmen des Forschungsprojekts ReHABITAT untersucht, wie Einfamilienhäuser zu Mehrpersonenhäusern weiterentwickelt werden können. Für die Untersuchung wurden folgende 4 Gebäudetypologien der 50er bis 90er Jahre ausgewählt: Siedlungshaus, Bungalow, Landhaus und Zweifamilienhaus.

Lösungsansätze

Eine Lösung bieten flexible Raumeinteilungen und Umstrukturierungen im Haus, die Eigenständigkeit ermöglichen, Privatsphäre erhalten und trotzdem Sicherheit bieten (wenn man nicht mehr ganz auf sich alleine gestellt ist). Die zeitlichen und finanziellen Aufwände für Haus- und Gartenbetreuung für anfallende Reparaturarbeiten und anstehenden Sanierungen können ebenso gemeinsam getragen werden wie die Kosten allfälliger Betreuung.

Der Phantasie, wie Umstrukturierungen ausschauen könnten, sind keine Grenzen gesetzt. Würden etwa BewohnerInnen von Einzelgebäuden in einem sensibel umgestalteten Haus zusammenziehen, mit Unterstützung der Gemeinde die freigewordenen Gebäude hergerichtet und neuen Verwendungen zugeführt werden, erweitern sich die Nutzungsmöglichkeiten exponentiell. Es ließen sich beispielsweise Nahversorgungs-, Betreuungs- oder Freizeitangebote einrichten, die in Einfamilienhaussiedlungen üblicherweise nicht vorkommen, aber für alle BewohnerInnen einer Gemeinde einen erheblichen Mehrwert bedeuten würden.

Für die Gemeinden selbst steht die Möglichkeit einer Reduktion von Leerständen, von Landflucht und eine Senkung der Ausgaben für Infrastruktur im Vordergrund. Langfristig kann in strukturschwachen Gebieten eine Trendumkehr und von einer Wiederbelebung des dörflichen Lebens und der regionalen Wirtschaft ausgegangen werden.

Zielgruppen

BesitzerInnen und BewohnerInnen von zu groß gewordenen und nicht mehr ihren Bedürfnissen entsprechenden Einfamilienhäusern, GemeindeakteurInnen, PlanerInnen (ArchitektInnen, BaumeisterInnen), EnergieberaterInnen, Raumplanung, Unternehmen der Baubranche, WissenschafterInnen (Genderforschung, Wohnbauforschung etc.)

Nutzen für die Zielgruppen

  • Schaffung von qualitativ hochwertigem Wohnraum
  • Sanierungsoptionen für BewohnerInnen mit vielfältigen Bedürfnissen aller Alterstufen
  • Möglichkeit zur Erhöhung der sozialen Kontakte unter Wahrung der Privatsphäre und der individuellen Bedürfnisse
  • Ökonomische Vorteile: gemeinsam werden Sanierung, Betreuung, Freizeitaktivitäten leistbar
  • Kapital- und Werterhaltung von Einfamilienhäusern
  • Belebung der regionalen Wirtschaft
  • Schaffung des benötigten Wohnraums in ländlichen Gemeinden unter Schonung der Ressource Boden
  • Reduktion von Leerstand und Landflucht
  • Wiederbelebung des dörflichen Lebens
  • Praktikable Lösungen für Gemeinden und BewohnerInnen
  • Hohes Energieeinsparungspotential
  • Gebrauchstaugliche technische Lösungen für PlanerInnen

Veranstaltungen und Präsentationen des Projekts

  • Am 29. Jänner 2016 wird Julia Lindenthal als Teilnehmerin der großen Podiumsdiskussion (im Rahmen der Bauz! 2016 - Wiener Kongress für zukunftsfähiges Bauen) die gewonnenen Erkenntnisse pro Bestandssanierung und -erhaltung vertreten.
  • Am 26. September 2015 fand als Rahmenveranstaltung zur Bau & Energie' Wieselburg die Vortragssession "Gemeinsam statt einsam" statt, zu der ORTE Architekturnetzwerk Niederösterreich geladen hatte und bei der Julia Lindenthal auch die ReHABITAT Ergebnisse präsentierte.
  • Am 14. Juli 2015 erfolgte die Präsentation vor interessiertem Gemeindepublikum in Hinterstoder, wohin Julia Lindenthal von den Organisatoren des Landinger Sommers eingeladen worden war.
  • Am 1. Juli 2015 präsentierte Julia Lindenthal die Ergebnisse im Rahmen der ENHR (European Network for Housing Research) Konferenz einem internationalen Fachpublikum in Lissabon.
  • Am 24. Juni 2015 fand die Abschlussveranstaltung in St. Pölten statt. 45 TeilnehmerInnen waren hochmotiviert, sich nicht nur passiv die Ergebnisse vorstellen zu lassen, sondern sich auch aktiv an diversen Rollenspielen und Aufstellungen (bzw. Aufgabenstellungen) zu beteiligen.
  • Am 10. Februar 2015 fand die zweite ExpertInnen-Runde statt, bei der eine Auswahl an möglichen Umbauvarianten für die vier ausgewählten Gebäudetypologien vorgestellt und diskutiert wurde. Die Ergebnisse dieses Workshops werden nun in die Entwürfe eingearbeitet, bzw. für das Handbuch aufbereitet werden.
  • Am 7. Februar nahm Julia Lindenthal auf Einladung der Hochschule für Technik Stuttgart an einem ExpertInnenworkshop teil, der sich unter dem Namen "Einfamilienhausgebiete der 1950er bis 1970er Jahre - Strategien und Projekte für eine nachhaltige Entwicklung " vor allem dem gegenseitigen Austausch und der Darstellung unterschiedlicher Schwerpunkte widmete.
  • Im Oktober 2014 präsentierte Julia Lindenthal die Zwischenergebnisse des Projekts beim European Round Table for Sustainable Consumption and Construction (ERSCP) in Portoroz, Slowenien.
  • Am 1. Oktober wurden im Rahmen des ReHABITAT Workshops zu Finanzierungsmodellen und Alternativen diverse Strategien und neue Ansätze diskutiert, wie Umbauten /Sanierungen im Sinne der ReHABITAT Idee auch ohne 100%n Fremdfinanzierung durch eine Bank ermöglicht werden könnten und welche Rahmen-Strukturen dafür notwendig sind.
    Neben dem Projektteam haben Günter Bergauer (Bankhaus Schelhammer und Schattera), Helmut Friedl (Stiftung Rasenna, newtonscradle.at), Reinhard Mammerler (Bank für Gemeinwohl) und Reinhard Willfort (1000x1000, ISN Innovation Service Network) am Workshop teilgenommen. Wir bedanken uns noch einmal recht herzlich!
Laufzeit: 2013 bis 2015.
neues wohnen im alten haus

Kontakt

Tel: +43/6991/523 61 11
Email:

Gefördert von

  • Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie; BMVIT; Humanpotenzial
  • Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH; FFG; Programm-Management FEMtech

PartnerInnen

  • Constance Weiser - architope Netzwerk für nachhaltige Architektur
  • Franz Gugerell - Gugerell KG

Infos