Japan: Radioaktivität in österr. Umweltproben

Radioaktivitätsmessungen in der Gamma-Messstelle

In unserer Gamma-Strahlenmessstelle haben wir in der Zeit von März - April 2011 kontinuierlich Regenwasser, Gras und einige Lebensmittel zur Überprüfung des radioaktiven Fallouts aus dem Unfall in Fukushima, Japan vermessen.

Es wurden geringe Mengen von Iod-131 in Regenwasser, Gras und Milch nachgewiesen - aufgrund der geringen Halbwertszeit von Iod-131 (ca. 8 Tage) war dieses Radionuklid nach einigen Wochen allerdings nicht mehr nachweisbar. Es wurden keine anderen Radionuklide aus Fukushima nachgewiesen. Das statistische Vetrauensniveau der angegebenen Messunsicherheiten beträgt 95%. Übersicht über alle diesbezüglichen Messungen.

Mehr Infos zur Gamma-Messstelle:
http://www.ecology.at/gamma-messstelle.htm

Milch

Wir führten Messungen von österreichischen Kuhmilchproben durch, dabei wurden geringe Mengen an radioaktivem Iod aus Fukushima nachgewiesen (0,12 bis 0,34 Bq/L). Das Risiko, aus Konsum solcher Milch Gesundheitsschäden davonzutragen, ist vernachlässigbar klein.

Im Vergleich: Nach dem Unfall in Tschernobyl war in Österreich für Milch bis 1995 ein Grenzwert für radioaktives Iod von 185 Bq/L gültig, zur Zeit gilt für Importe aus Japan ein Grenzwert von 300 Bq/L, für Babymilch 100 Bq/L.

Die Auswahl der Milchproben erfolgte nach folgenden Kriterien: Es wurden möglichst regenreiche Gebiete gesucht (maximale Niederschlagssummen von 31. März 2011 bis 7. April 2011), in denen bereits Vieh auf die Weide gebracht worden war. Die meisten Kühe wurden allerdings im genannten Zeitraum noch nicht mit frischem Gras gefüttert.

Als Vergleich: In Frankreich wurden seit 28. März Werte in Ziegen- und Kuhmilch zwischen 0,17 Bq/L und 1,78 Bq/L an Iod-131 gemessen (IRSN Frankreich). Auch in der Slowakei wurden Radionuklide aus Fukushima in Milch nachgewiesen: Zwei am 5. bzw. 8. April gemessene Schafmilchproben wiesen Werte von 3,81 Bq/L, bzw. 3,36 Bq/L an I-131 auf (Quelle: Hygienedienst Slowakei)

Generell wies Milch in Europa auch vor dem Unfall in Fukushima geringe Konzentrationen an Radionukliden (Cäsium-137) aus Atomwaffentests und dem Unfall in Tschernobyl auf: Im gesamtösterreichischen Durchschnitt liegt der Cäsiumgehalt in Milch unter 1 Bq/kg (AGES). Das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz (www.bfs.de) gibt den Mittelwert von Cs-137 in Milch mit 0,2 Bq/L an.

Theoretische Dosisrechnung:
Unter der Annahme, dass 1 Liter pro Tag, 1 Monat lang (also 30,4 Liter) Milch von 0,3 Bq/L Iod-131 konsumiert wird, ergibt sich eine Ingestionsdosis von 0,0002 mSv für Erwachsene und von 0,0016 mSv für Kinder (3 Monate alt). 1 mSv/Jahr ist die zulässige Dosis aus allen künstlichen radioaktiven Quellen zusammen pro Jahr.

Kuhmilchprobe 1
Entnahmeort: Österreich
Probennahmezeitpunk: 8. April 2011
Iod-131: 0,12 Bq/L +/- 40%, bezogen auf Zeitpunkt der Probennahme
Nachweisgrenze: 0,06 Bq/L
Cs-137: 0,28 Bq/L +/- 30% bezogen auf Zeitpunkt der Probennahme
Nachweisgrenze: 0,10 Bq/L

Kuhmilchprobe 2
Entnahmeort: Österreich
Probennahmezeitpunk: ca. 8. April 2011
Iod-131: 0,34 Bq/L +/- 25%, bezogen auf Zeitpunkt der Probennahme
Nachweisgrenze: 0,10 Bq/L
Cs-137: 0,18 Bq/L +/- 50% bezogen auf Zeitpunkt der Probennahme
Nachweisgrenze: 0,12 Bq/L

Da Cs-134 in den Milchproben nicht nachweisbar war, stammt das nachgewiesene Cs-137 höchstwahrscheinlich nicht aus Fukushima, sondern aus Atomwaffentests und Tschernobyl.

Schwerer Unfall in japanischem KKW

Nach dem katastrophalen Erdbeben der Stufe 9.0 auf der Richterskala am 11. März, Nachbeben sowie mehreren Tsunamis kam es in Japan zu einem der schwersten nuklearen Unfälle der Geschichte. Unser Mitgefühl gilt der betroffenen Bevölkerung Japans und auch der angrenzenden Gebiete, die in den nächsten Tagen, Wochen und Jahren die Folgen werden tragen müssen. Wir hoffen, dass die Katastrophe ein Umdenken bewirkt, um von einer Technologie, deren Restrisiko niemals auszuschließen sein wird, endlich abzugehen.

Unwahrscheinlich ist nicht gleich unmöglich

Wie die Nuklearkatastrophe in Japan deutlich zeigt, können in KKWs immer wieder Unfälle auftreten, die in der Planung der Anlagen nicht berücksichtigt wurden. In etlichen Staaten gilt immer noch die Regel, dass unter einer geringen Eintrittswahrscheinlichkeit (meist unter 1 mal in 10 Millionen Jahren) ein Unfall als praktisch ausgeschlossen gilt und daher das Auftreten solcher Unfälle in Kauf genommen werden kann, auch wenn die Folgen eines solchen unwahrscheinlichen Unfalls sehr groß sein können.

Wie wir aus dem Unfall von Tschernobyl gelernt haben, sind auch Kontaminationen in weiterer Entfernung als einem Umkreis von 3-20 km möglich, falls die radioaktiven Gase und Aerosole durch eine Explosion in entsprechende Höhe gelangen und aufgrund bestimmter Wetterlagen auch in weiter weg gelegene Regionen transportiert werden können.

Strahlenwirkung

Die Messwerte, die derzeit aus Japan gemeldet werden, veranlassten bereits erste Aussagen über langfristige Gesundheitsfolgen. Der Meinung, dass unter einer Dosis von 100 milliSievert (mSv) keine Schäden zu erwarten sind, müssen wir widersprechen. Viele Arbeiten nach Tschernobyl belegen gerade im sogenannten Niedrigdosisbereich vermehrte gesundheitliche Auswirkungen wie Krebs, Herz-Kreislauferkrankungen, genetische Effekte, erhöhte Säuglingssterblichkeit, etc. Dies wird jedoch nicht von allen Organisationen anerkannt - in den letzten 25 Jahren war es nicht möglich, zu einem gemeinsamen Standpunkt über durch niedrige Strahlungsdosen bedingte Krankheiten (wie sie etwa große Bevölkerungsgruppen durch Tschernobyl erhalten haben) zu kommen. Daher ist es im Sinne eines vorbeugenden Strahlenschutzes äußerst wichtig, frühzeitig mit Schutzmaßnahmen zu beginnen. Wir empfehlen eine Orientierung an den österreichischen Strahlenschutz-Richtwerten, die den Schutzgedanken besser aufgreifen als die von der IAEO empfohlenen.

Kontakt:
Andrea Wallner, wallner@ecology.at, 0699 1 523 61-35

Weitere Information unter:

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