Bibliothek der Ökologie

Rezension

Zukunftsfähige Ressourcenwirtschaft: Festschrift für Eberhard Garbe / Riesner, Wilhelm (Hrsg.); Seidel, Eberhard (Hrsg.); Marburg: Metropolis, 2008. - 388 S. - ISBN 978-3-89518-701-8; Standort/Signatur: ÖI: B10.873

Jakob Calice schreibt:

Seit mehreren Jahrzehnten ist der Welt mittlerweile klar, dass Energie und andere Ressourcen beim derzeitigen Verbrauch nicht ewig reichen werden. Ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen wäre daher angebracht. Der vorliegende Band setzt sich unter anderem mit dieser Frage aus umweltökonomischer Sicht auseinander. Wie in vielen Festschriften, orientiert sich auch dabei die Auswahl der Beiträge an der Lebensgeschichte des Gefeierten: Eberhard Garbe hatte zu DDR-Zeiten den Lehrstuhl für Material- und Energieökonomie an der Technischen Hochschule Leuna-Merseburg inne. Sein Schaffen kreiste in erster Linie um den Begriff der Stoffkreislaufökonomie, das heißt der effizienten Nutzung von Ressourcen. Die Herausgeber teilten den Band in vier ungleich große Blöcke: In der ersten Hälfte des Buches wird zunächst die aktuelle bzw. unmittelbar zukünftige Energiesituation der ehemaligen EU-Beitrittsländer präsentiert. Es handelt sich dabei um Auszüge einer von der EU geförderten Studie (2003-2006) (Riesner), die Informationen für die Steigerung der Energieeffizienz in diesen Ländern erhebt. In der Festschrift wurden nur Beiträge über die Länder Tschechische Republik (Kopac), Slowakei (Rousek), Lettland (Slihta, Ekmanis, Slihta) und Rumänien (Rugina) aufgenommen. Diese kommen nicht über die Präsentation von einigen Grafiken hinaus und liefern keine Analysen. Nicht ganz klar ist im Übrigen, weshalb der durchaus interessante Beitrag über China in diesen Abschnitt aufgenommen wurde (Bauer, Kraemer, Wanjin). Der zweite Teil des Bandes beschäftigt sich mit Fragen der Abfallverwertung. Merzdorf analysiert die Konzepte Abfall und Altstoffe unter Bezug auf die Werke von Marx als historisch veränderlich, während Oppermann und Oppermann verschiedene Verfahren der innerbetrieblichen Schrottverwertung in der Eisenhüttenindustrie beschreiben. Im letzten Beitrag dieses Teils beschäftigen sich Kruzs und Sauluns mit dem noch wenig entwickelten Sammel- und Verwertungssystem für Haushaltsabfälle in Lettland. Dieser Block des Buches ist deshalb interessant, weil er eine "sozialistische" Perspektive auf Abfall einbringt - wenn etwa Merzdorf Abfälle als "Exkremente der Produktion, Zirkulation und Konsumtion" (177) bezeichnet, oder im Beitrag über Lettland Abfallverwertung als Problem der nationalen Ressourcenknappheit interpretiert werden. Sowohl diese Definition von Abfall, als auch die Argumentation seiner Verwertung waren gängige Topoi zu DDR-Zeiten.Der Dritte Teil der Festschrift würfelt unter dem Schlagwort "Systemtransformation" drei sehr unterschiedliche Artikel zusammen, die allesamt wenig mit Ressourcenwirtschaft zu tun haben: Transformation der Managementwissenschaft im postsozialistischen Polen (Sudol), die Entwicklung der zu DDR-Zeiten gegründeten Begabte-Schule (Kunze), und die potentielle "Ressourcenvernichtung" durch (wirtschaftskriminelle) Insolvenzen (Kühne) sind hier die Themen. Erst im letzten Teil kommt man endlich beim Thema der nachhaltigen Ressourcenwirtschaft an. Kreikebaum und Zabel verdeutlichen zunächst, dass nur eine Kreislaufwirtschaft den Ressourcenverbrauch senken kann, die dem Paradigma des Wirtschaftswachstums eine Absage erteilt und in der sich alternative Werte durchsetzen. Groß und Bergfeld versuchen im zweiten Beitrag das Konzept der Kreislaufwirtschaft auf aktuelle Aspekte der Flächennutzungspolitik umzulegen. Diese habe zumindest theoretisch die Möglichkeit, Flächeneinsparung lukrativer zu gestalten. Göllinger lenkt den Blick im dritten Beitrag auf das ökologische Modell der Syntropie, mit welchem die Voraussetzung für einen energetischen Systemerhalt beschrieben wird. Die Menschen stützen sich dabei im Gegensatz zu Ökosystemen nicht auf nachwachsende energetische Ressourcen. Nachhaltigkeit könne daher in erster Linie nur in der Adoption der natürlichen Syntropieverwertungsstrategie erreicht werden - konkret durch eine dezentrale Nutzung regenerativer (Sonnen-)Energien. Schließlich beschäftigen sich Seidel und Heupel mit den Grenzen und Möglichkeiten von betrieblichen Umweltkostenrechnungen. Eine tatsächlich nachhaltige Ressourcenwirtschaft könne damit zwar nicht erreicht werden, durch eine Weiterentwicklung der Rechnung würden aber Umweltkosten realistischer ausgewiesen.Zukunftsfähige Ressourcenwirtschaft ist ein großer Begriff. Vielleicht ist er zu groß für eine Festschrift, die wie viele andere auch an der unterschiedlichen Ausrichtung ihrer Beiträge und AutorInnen leidet. In diesem Fall ist besonders die schlechte Redaktion des ersten Abschnittes ärgerlich. Man muss sich mit unzureichend beschrifteten Grafiken, nicht erklärten Abkürzungen und einem Text in gebrochenem Englisch herumschlagen. Auch das beste Eigenlob des Projekts (22f) hilft nicht, wenn dann fälschlicherweise behauptet wird, das KKW Temelin liege in Lettland und sei stillgelegt worden (48) oder dass noch darauf gehofft wird, dass Rumänien 2007 der EU beitritt (147). Dies geht eindeutig auf die Kosten der wesentlich fundierteren Beiträge im letzten Teil des Buches. Zu hoffen bleibt, dass die Ergebnisberichte der sehr interessanten EU-Studie zum Energiesektor der EU-Beitrittsländer besser redigiert wurden. (Jakob Calice)