Ressourceneffizienz im Kontext der Nachhaltigkeitsdebatte / Hartard, Susanne (Hrsg.); Schaffer, Axel (Hrsg.); Giegrich, Jürgen (Hrsg.); Rez.; Baden-Baden: Nomos, 2008. - 202 S. - ISBN 978-3-8329-3034-9; Standort/Signatur: ÖI: B10.868
Christian Pladerer schreibt:
Die neuen Schlagwörter der Nachhaltigkeitsdiskussion sind Ressourcen- und Energieeffizienz. Energie- und Materialeffizienzagenturen fördern betriebliche Effizienzberatungen und führen damit häufig zu nennenswerten Einsparungen der Material- und Energiekosten. Ist die Effizienzsteigerung tatsächlich der lang gesuchte Rettungsanker, um unser Klima nicht total zu verändern, mit all seinen negativen Folgen? Oder sollten wir nicht den Weg der Suffizienz gehen. Das heißt das Bemühen um einen möglichst geringen globalen Material- und Energieverbrauch. Erreicht werden kann die Suffizienz nur durch eine geringere Nachfrage nach Gütern, Produkten und Dienstleistungen, insbesondere derer, die einen hohen Ressourcen- und Energieverbrauch erfordern. Neben den angesprochenen Suffizienzaspekte wird in Zukunft aber auch die Frage der Bewertung der Ressourcennutzung in den Vordergrund gerückt werden.Das vorliegende Buch beschäftigt sich genau mit diesen Fragen. Basis ist das 2006 abgehaltene achte Weimarer Kolloquium, ein regelmäßig geladener Expertenkreis zu Fragen der nachhaltigen Entwicklung. Dabei werden Forschungsergebnisse zu neuen Indikatoren der Ressourcenbewertung vorgestellt. Diese stehen im Kontext einer deutschen Ressourcenstrategie sowie sich damit verbindender erweiterter Material- und Energieflussrechnungen wie auch der politischen Steuerung von Ressourceneffizienz. Ergänzend wird der Blick auf die Umsetzung im Unternehmen und dabei auftretende Hemmnisse gerichtet. Das Impulsprogramm Materialeffizienz wurde 2005 in Deutschland ins Leben gerufen, um Klein- und Mittelbetriebe zu fördern.Natürlich ist im ersten Schritt zur Ressourcensteigerung die Lokalisierung der wesentlichen Material- und Energieverluste in der Produktion entscheidend. Materialfluss- und Energieflussrechnungen im Unternehmen sind dabei hilfreiche Tools. Die Potentiale der Effizienzsteigerung über Regel- und Messtechnik werden als relativ hoch eingeschätzt. Es wird eingeräumt, dass neben den technischen Entwicklung auch institutionelle Veränderungen wie beispielsweise innerbetriebliche Energieverbrauchsmessungen und Energieverluste an einzelnen Maschinen zu einer Effizienzsteigerung führen werden. Hier geht es um messbare Indikatoren und Einflussparameter. Heißt das, dass nur messbare Effizienz steigerbar ist? Hier drängen sich natürlich die Fragen der kulturellen und sozialen Dimension der Nachhaltigkeitsdebatte auf. Im Abschnitt "Leitbilder" wird die Ressourceneffizienz aus politischen Leitbildern in Deutschland von Stefanie Pfahl abgeleitet. Gerhard Scherhorn schreibt sehr trefflich: " Ökoeffizienz scheitert, wenn sie nicht mit Suffizienz verbunden ist." Mario Schmidt stellt sich der Aufgabe: Chancen und Grenzen der Effizienzberatungen in der Nachhaltigkeit. Er bezeichnet die Effizienz als Zwischenstation, eine wichtige Übergangsstrategie hin zu konsistenten Optionen der Nachhaltigkeit. Im zweiten Abschnitt "Neue Bewertungsansätze" macht sich Nina Eisenmenger Gedanken über die Ressourcenproduktivität als Politisches Programm und ihre Umsetzung in die Praxis. In Anlehnung an Marina Fischer-Kowalski wird der Begriff Ressourcenproduktivität definiert und die verwendeten Ansätze sowie deren methodische Entwicklung des Metabolismus und der Materialflussanalysen erläutert. Grundlage dieser Bewertungen sind Daten und Zahlen, daher ist der permanente Ausbau der statistische Berichterstattung zur Ressourcen- und Energieproduktivität für die Weiterentwicklung der Methoden und Bewertungstools entscheidend. Karl Schoer und Helmut Mayer erläutern Beispiele der gegenwärtigen Praxis und Erweiterung der Ressourcenstatistik, wie beispielsweise die Einführung eines Rohstoff- und Energieverbrauchsindikators. Daher präsentieren Jürgen Giegrich und Axel Liebich methodische Überlegungen zur Verbesserung des Indikators Rohstoffproduktion. Das UEBEL Konzept steht für einen ökologisch gewichteten Indikator, der versucht, Umweltwirkungen mit der Rohstoffnutzung zu verbinden. José Acosta-Fernández erläutert Optimierungspotentiale in der monetär-physischen Messung der Ressourcenproduktivität auf internationaler Ebene auch in Hinblick auf die Vergleichbarkeit. Im finalen Teil der Publikation "Anwendungsfelder" werden ausgewählte Szenarien, Hemmnisse und Instrumente auf Produktions- und Betriebsebene diskutiert. Kora Kristof beschreibt Vorschläge zur Umsetzung der deutschen Ressourceneffizienzziele und Wolfgang Schade stellt neue Modellierungsergebnisse mit dem so genannten ASTRA Modell vor. Dabei werden die Auswirkungen einer neuen Verkehrspolitik auf der Basis erneuerbarer Energieträger simuliert. Der Beitrag von Patrick Jochem und Axel Schaffer zeigt den Wirkungsbereich des ressourcenpolitischen Instrumentes Emissionszertifikate in der Mobilität. Die beiden letzten Beitrage behandeln Anwendungsfragen und Hemmnisse in Unternehmen. Zusammenfassend ist die Publikation aus Sicht des Österreichischen Ökologie-Instituts empfehlenswert, obwohl die Beiträge sich fast ausschließlich auf die Steigerung und Messung der Ressourceneffizienz konzentrieren. Es sei daher abschließend erwähnt, dass ohne Suffizienz eine nachhaltige globale Entwicklung nicht erreicht werden kann. (Christian Pladerer)