Empfehlungen zu Praxiseinbezug, Produktentwicklung und Ressourcenplanung in transdisziplinärer Forschung
Ausgewählte Ergebnisse
des Begleitforschungsprojektes SU11
zum österreichischen Forschungsprogramm Kulturlandschaft
und der internationalen D-A-CH Kooperation
Marie Céline Loibl Februar 2001
Modul SU11, Kommunikations- und Konfliktforschung
´Übersetzung komplexer Nachhaltigkeitsstrategien in regionales Umweltmanagement.
Methodenentwicklung, Konfliktlösungsstrategien und Umsetzungsmonitoring
im Rahmen von Pilotprojekten des Forschungsprogrammes Kulturlandschaft und in ausgewählten Referenzprojekten´

D-A-CH Kooperation ´Steuerung inter- und transdisziplinärer Forschung´
BMBF-Förderschwerpunkt ´Stadtökologie: K. Hollaender, J. Friedrichs
DFG Schwerpunkt ´Mensch und Globale Umweltveränderungen´: M. Scheuermann, H. Spada Forschungsprogramm Kulturlandschaft: M.C. Loibl, M. Krott, W.Bruckner
Schweizerisches ´Schwerpunktprogramm Umwelt´: A.-Di Giulio, R. Defila, R. Kaufmann-Hayoz

 

 
Inhalt

1. Einbeziehung der Praxis

2. Produktentwicklung

3. Ressourcenmanagement

 

 

1. Einbeziehung der Praxis

 
 

Praxiseinbezug ist nicht für jedes Forschungsprojekt sinnvoll. Für viele Forschungsprojekte die sich weit abseits von alltagspolitischen Dringlichkeiten, machtpolitischen Einflußnahmen und Vermarktungsinteressen um die Gewinnung neuer Erkenntnisse bemühen, ist es sinnvoller, die verfügbaren Ressourcen für vertiefende Grundlagenarbeit zu reservieren. Es ist nicht nur störend sondern auch unökonomisch, solche Forschungsvorhaben durch verfrühte Kommunikations- und Kooperationsverpflichtungen mit der Anwendungspraxis in ihrer Arbeit zu behindern.

Kooperationen mit Praxispartnern sind dann sinnvoll, wenn Sie ein anwendungsorientiertes Forschungsvorhaben bearbeiten. In der Grundlagenforschung ist es zielführender, Ihre wissenschaftliche Arbeit nicht dadurch zu verlangsamen, das Sie laufend hochspezialisierte methodische Fragen, Thesenprüfung und Theoriebildung in Alltagssprachliche übersetzen und in ihrer Sinnhaftigkeit begründen müssen damit Ihre Praxispartner verstehen, woran Sie überhaupt arbeiten.

 Grundlagen-
forschung

 Anders liegen die Dinge, wenn sich Forschungsvorhaben bewußt das Ziel setzen, praxisorientiert zu arbeiten und umsetzungsfähige Lösungen zu erarbeiten. Überall dort, wo Entwicklungskonzepte, Problemlösungen oder Produkte für bestimmte Adressatengruppen erarbeitet werden sollen, hat es sich als überaus wichtig herausgestellt, die Praxis in geeigneter Form in die Projektarbeit einzubeziehen. Welches sind nun geeignete Modelle für solche Kooperationen mit der Praxis? Welche gegenseitigen Erwartungen stehen dabei häufig im Raum? Welche Gefahren drohen der Zusammenarbeit und wie lassen sich diese umgehen?

 

 Anwendungs-
forschung

  •  Die Bedürfnisse der Praxis werden nicht richtig erkannt oder in ihren Prioritäten falsch eingeschätzt
  • Es werden Kooperationspartner aus der Praxis gewonnen, die Minderheitenpositionen in ihren Institutionen vertreten und welche die Mehrheitsmeinungen ihrer Interessengruppen nicht adäquat in das Projekt einbringen
  • Die verfügbaren Zeitressourcen und Nutzenkalküle der Praxispartner werden nicht nüchtern thematisiert weil niemand die gemeinsame Zielvision und die Freude an einer sich bildenden Kooperation gefährden will
  • Die Handlungsspielräume und Entscheidungsbefugnisse der gewonnenen Kooperationspartner innerhalb ihrer institutionellen Umfelder werden überschätzt, was sich in Form unvorhergesehener Projektblockaden und Umsetzungshindernisse äußert.
  • Die Eigenzeitlichkeiten der einbezogenen Institutionen werden in ihrer Wirksamkeit als Entscheidungsrahmen für die Kooperationspartner nicht erkannt (Wahlperioden, Budgethorizonte, Planungsfristen, saisonale Notwendigkeiten uam)
  • Es wird verabsäumt, die jeweiligen Erfolgskriterien beider Partner (Wissenschaft und Praxis) in ihrer Unterschiedlichkeit zu diskutieren und festzuhalten um ein projektspezifiches Minimum an gemeinsamem Wissen über die wirksamen Systemlogiken aufzubauen.

 Gefahren beim Praxis-
einbezug

In der Vorbereitungsphase eines Projektes geht es vor allem um die Klärung der Frage, was durch Einbeziehung von Praxispartnern in ein Forschungsvorhaben erreicht werden soll und wie die richtigen Kooperationspartner gefunden werden könnten

Die sogenannte ´Praxis´ spaltet sich allerdings in Wahrheit in eine ganze Reihe potentieller Adressaten und Betroffener mit unterschiedlichen Erwartungen auf. Diese Erwartungen können parallel liegen, können aber auch deutlich auseinanderlaufen. In jedem Fall sollten Sie versuchen die Bedürfnisse, Erwartungen und Befürchtungen rund um Ihr Forschungsvorhaben so differenziert wie möglich zu erkennen. Wenn es Ihnen gelingt, diese gemeinsamen und - vor allem auch die widersprüchlichen Anwenderinteressen - in geeigneter Weise in Ihrem Forschungsansatz zu berücksichtigen, können Sie schwerwiegende Fehleinschätzungen der Implementierungschancen Ihrer Arbeitsergebnisse vermeiden.

Erwartungs-
haltungen

  •  Richten Sie - wenn Sie umsetzungsorientiert - und gemeinsam mit Praxispartnern forschen wollen, die Entwicklung der Projektziele und der Forschungsfragen bewußt auf die Bedürfnisse der Praxis aus.
  • Damit Sie dies tun können, müssen Sie aber die Praxisbedürfnisse überhaupt erst eruieren und abklären. Dies ist für anwendungsorientierte Projekte eine besonders wichtige und erfolgsentscheidende Aufgabe in der Projektkonzeptionsphase
  • Berücksichtigen Sie in der Teamzusammensetzung, dass in vielen Fachbereichen private oder halböffentliche Forschungseinrichtungen und Planungsbüros mehr Erfahrung in Kooperationen mit Entscheidungsträgern aus der Praxis haben als Universitäten.
  • Auch wenn Sie zwar fächerübergreifend - aber nicht unter Einbezug von Praktikern arbeiten wollen (also wohl interdisziplinär aber nicht transdisziplinär), - auch dann empfiehlt es sich, die Entwicklung der gemeinsamen Forschungsfragen auf Praxisbedürfnisse auszurichten. Die Zielvergemeinschaftung in einem interdisziplinären Projekt ist robuster gegenüber disziplinären Partikularinteressen und divergierenden fachlichen Hintergrundannahmen, wenn sie im Hinblick auf die Lösung konkreter Praxisbdürfnisse erarbeitet wurde.

Praxis-
bedürfnisse

  •  Es ist zwar von größter Bedeutung, widersprüchliche Praxisinteressen als solche zu erkennen und in ihren Auswirkungen auf die untersuchten Probleme zu analysieren. Keinesfalls sollten Sie aber mehrere unmittelbar konkurrierende Praxisvertreter gemeinsam in Ihr Forschungsteam einladen oder aber Vertreter diametral einander entgegenstehender Interessengruppen. Damit wird Ihr Projekt zum Schauplatz der Austragung politischer oder ökonomischer Rivalitäten. Zwar können solche Konflikte spannende fachliche Einblicke bieten aber Sie verlieren die Praxisvertreter in ihrer Rolle als Experten im Projektteam. Sie können dann zwar in einer Art Aktionsforschung im Projektteam ihre rivalisierenden Praxispartner beobachten, und daraus Schlußfolgerungen ableiten, warum gewisse Problemlösungen in der Alltagspraxis blockiert werden. Aber eine solche Degradierung zum Forschungsobjekt wird auf Seiten der Praxispartner als Loyalitätsbruch erlebt und nicht geschätzt. Gewöhnlich gelingt es nach einem derartigen Rollenwechsel vom Forschungspartner zum Forschungsobjekt auch nicht mehr, die bei Projektbeginn in Aussicht gestellten Nutzeneffekte auf Seiten der Praxis zu gewährleisten.
  • Anders liegen die Voraussetzungen bei Beratungsprojekten in welchen die Vermittlungstätigkeit und Übersetzungsrolle eines begleitenden wissenschaftlichen Teams ausdrücklich Vorrang vor der wissenschaftlichen Arbeit genießt und Erkenntnisgewinn nur im Rahmen einer eventuellen Begleitforschung eine nachrangige Bedeutung für die Kooperation erhält. In solchen Beratungsprojekten ist die Einbindung gegensätzlicher Interessengruppen sinnvoll und sogar notwendig. Die Rollendefinitionen müssen dann aber anders gestaltet werden, die Praxisvertreter sind in diesem Fall als Kunden und nicht als Kollegen in das Projekt eingebunden.

Divergierende Praxis-
interessen

Besprechen Sie in Ihrem zukünftigen Team die unterschiedlichen Vermutungen betreffend die Auskunftsbereitschaft und Kooperationsbereitschaft der verschiedenen Praxisvertreter mit denen Sie im Rahmen Ihres Projektes in Berührung kommen wollen. Sei es als Veranstaltungsteilnehmer, als Forschungskollegen im Team oder als Auftraggeber.

Gleichgültig in welcher Rolle Sie auch beabsichtigen, die Praxisvertreter anzusprechen, berücksichtigen Sie die Tatsache, dass diese über Ihr Projekt nicht Erkenntnisinteressen sondern ökonomische, politische oder humanitäre Interessen befriedigen wollen. Kalkulieren Sie mit realistischen Aufmerksamkeitsspannen und Zeitaufwänden dieser Experten für die Mitwirkung im Projekt. Ganz besonders für den Fall, daß wesentliche Projektziele nur durch eine funktionierende Kooperation mit diesen Praxisvertretern erreicht werden können.

  • ForscherInnen wünschen sich, von ihren Praxispartnern Wissen dazuzugewinnen und initiieren transdisziplinäre Kooperationen nicht etwa nur mit dem Ziel, Servicefunktionen in Form von (Gratis-) Problemlösungen für die Praxispartner zu übernehmen. Um aber ein wechselseitiges Lernen zu gewährleisten, sollten die Projekttreffen sorgfältig so gestaltet werden, dass die Praxispartner ausreichend zu Wort kommen und als ebenbürtige Kollegen einbezogen werden.
  • Um die gegenseitige Akzeptanz von Sichtweisen zu fördern, ist die Offenlegung der Erfolgskriterien wichtig, an welchen die Projektergebnisse in der Wissenschaft und in der Praxis gemessen werden

Erwartungen an die Praxis

  •  Vorerfahrungen aus früheren Arbeitsbeziehungen sind ein großer Vorteil in der Projektzusammenarbeit. Die Nutzung vertrauter Kooperationen für Forschungspartnerschaften zwischen Wissenschaft und Praxis erweist sich als wichtiger Vorteil in der Zusammenarbeit, sie ist neben gegenseitiger Lernbereitschaft und Akzeptanz ein wichtigter Erfolgsfaktor für das Gelingen transdisziplinärer Forschung.
  • Never change a winning team - außer die vertrauten Partner sind nicht die richtigen Personen, um jene Praxisinteressen adäquat vertreten zu können, welche nunmehr im Mittelpunkt der künftigen Projektarbeit stehen sollen. In diesen Fällen sollten neue Kooperationen aufgebaut werden, auch wenn es bequemer wäre, auf die vertrauten Praxispartner von Vorprojekten zurückzugreifen.
  • Um bei Projektabschluß die Frage beantworten zu können, ob sich eine transdisziplinäre Kooperation mit Experten aus der Praxis bewährt hat oder nicht, ist es nötig, zu klären welche verschiedenen ´Nutzen´ Sie aus der Kooperation erwartet hatten und woran Sie erkennen können, ob diese erhofften Nutzeneffekte eingetreten sind oder nicht.

    Kündigen Sie Ihren Kontaktpersonen aus der Praxis an, dass Sie mit Ihnen zu Projektbeginn die Kooperationsziele schriftlich festhalten wollen. Wenn dies nicht geschieht und sich die Kooperationsinteressen der Praxispartner während der Projektlaufzeit ändern, zum Beispiel durch Wechsel des Bürgermeisters, durch Marktentwicklungen oder das Auftauchen von Konkurrenzprojekten, dann gerät die Zusammenarbeit ins Schleudern wenn es keine verbindlichen schriftlichen Abmachungen gibt.

Partnerwahl und Kooperations-
ziele

Wenn Sie ein anwendungsorientiertes Forschungsvorhaben entwerfen, dann sollten sie sich frühzeitig entscheiden, wie Sie den Kontakt zu Praxisvertretern gestalten wollen und welchen Einfluß diese Praxispartner auf die inhaltliche Projektentwicklung haben sollen. Aussichtsreich sind Kooperation mit Personen aus Institutionen, Unternehmen oder Verwaltungsabteilungen, die ihre Eigeninteressen im Zusammenhang mit der Forschungskooperation selbst klar definieren können und sie auch offen auf den Tisch legen.

  • Sprechen Sie Ihre eigenen Forschungsinteressen konkret an und ermuntern Sie die künftigen Partner, dies im Hinblick auf deren Praxisinteressen ebenso zu tun
  • Zögern Sie nicht, Kooperationsideen, die sich nur sehr zäh vorantreiben lassen, frühzeitig wieder fallenzulassen und nach tragfähigeren Partnerschaften zu suchen.

Kontakt-
anbahnung

Achtung vor verdeckten Erwartungen. Übernehmen Sie keine Anwaltschaften für Praxispartner, die sich in akuten Konfliktsituationen befinden und die über ein Kooperationsprojekt mit Wissenschaftlern ohne offiziellen Auftrag eine gutachterliche Unterstützung für ihre Verhandlungsposition suchen. Falls Sie es aus fachlichen Gründen dennoch tun möchten, dann thematisieren Sie die unterschiedlichen Interessenlagen im Praxissystem sowie die Position der Forschungskooperation und grenzen Sie die Verantwortlichkeiten des Projektteams schriftlich auf jene Aufgaben ein, die dem Vorankommen Ihres Forschungsvorhabens dienen.

Hidden Agendas

 Vorsicht ist geboten, wenn Sie und Ihr Team in der Wahrnehmung Ihrer Praxispartner zu Gratislieferanten von Leistungen werden, die sonst als Aufträge am freien Markt vergeben werden. Nicht nur deshalb, weil oft als wertlos eingestuft wird, was gratis ist. Problematisch kann es für Sie vor allem werden, wenn sich Praxispartner zunehmend als Auftraggeber gebärden und wechselnde - immer neue - Ansprüche zu stellen beginnen. Sorgen Sie daher mit einer schriftlichen Kooperationsvereinbarung dafür, dass zwar Flexibilität möglich ist, dass sich diese Flexibilität aber innerhalb eines klar abgesteckten Rahmens bewegt.

Rollenkonfusion

 Wenn Sie beabsichtigen, eine Forschungsfrage transdisziplinär zu bearbeiten, wenn Sie also vorhaben, gemeinsam mit Praktikern im Rahmen eines Pilotprojektes innovative Problemlösungen oder neu entwickelte Methoden auszutesten und die Erfahrungen dieser Praxistests in die wissenschaftliche Theoriebildung zurückzuführen, dann können Sie zwischen unterschiedlichen Kooperationsformen wählen.

  • Falls Sie Vertreter der Praxis in Ihr Forschungsteam integrieren, dann behandeln sie diese nicht äußerlich nur als gleichwertige Partner sondern gewichten sie deren fachliche Meinung auch innerlich - und wenn die Praxiskollegen nicht anwesend sind - gleich hoch wie jene Ihrer akademischen Kollegen
  • Besonders in der anfänglichen Formulierung der Forschungsfragen ist die Expertise ´Ihrer´ Praktiker von größter Bedeutung. Schenken Sie deren Beiträgen größte Aufmerksamkeit und nehmen Sie die Expertise aus der Praxis in adäqater Form in Ihre Projektkonzeption auf.
  • Es kann aus antragstechnischen bzw. begutachtungstaktischen Gründen notwendig sein, die Beiträge der Praktiker in die Begriffe ihrer Fachsprache zu übersetzen. Erläutern Sie Ihren Kooperationspartnern die Gründe für diese sprachliche Verfremdung, erklären Sie, dass deren Beiträge durch Ihre Übersetzungsleistung nicht inhaltlich verändert sondern nur sprachlich anschlussfähig gemacht werden. Für solche Notwendigkeiten haben gerade Praktiker Verständnis und es ist dies auch eine gute Gelegenheit, bereits in der Anfangsphase der Zusammenarbeit die unterschiedlichen Systemlogiken und Bewertungsmaßstäbe an einem praktischen Beispiel (nämlich der Peer Rewiev -Problematik) zu thematisieren.
  • Ein weiterer Erfolgsfaktor für transdisziplinäre Forschungsvorhaben ist die Möglichkeit, auf veränderte Rahmenbedingungen flexibel eingehen zu können. Gestalten Sie daher Ihre Projektanträge so, dass flexible Anpassungen Ihrer Kooperationsziele möglich sind wenn dies nötig sein sollte

Kooperations-
bedingungen

Sie können Experten und Expertinnen aus der Praxis in wissenschaftliche Arbeit einbeziehen als:

  •  Partner in Vorgesprächen mit den Auftraggebern während der Antragsphase
  • als Mitglieder eines Projektbeirats, Regionsbeirates oder ähnlicher Gremien
  • als Teilnehmende an Zukunftswerkstätten, Zukunftskonferenzen und ähnlichen Veranstaltungen
  • als Mitverantwortliche für die Organisation von Veranstaltungen in der Praxis
  • als Referenten bei Veranstaltungen
  • als Teilnehmende bei Veranstaltungen
  • als gleichberechtigte Forschungspartner
  • als Experten für Bearbeitung ausgewählter Fragen
  • als Mitfinanzierende der Forschung
  • als Mitfinanzierende von Veranstaltungen oder Aktionen in der Praxis
  • als Referenten in Lehr- und Weiterbildungsveranstaltungen
  • als Mitautoren bei Publikationen oder
  • als Evaluatoren Ihrer Forschungsergebnisse

Kooperations-
formen

  •  Wenn sich aufgrund von Auftraggeberwünschen oder Förderrichtlinien Änderungen gegenüber den ersten - mit den Praxisvertretern mündlich vereinbarten Kooperationsziele als nötig erweisen, sollten Sie dies im Antrag festhalten und auch die sachlichen Begründungen der Änderungen kurz skizzieren. Ihre Praxisparter verfolgen die schriftlichen Details der Antragstellung vielleicht weniger aufmerksam als Sie es in Ihrer Projektleitungsrolle notwendigerweite tun und sollten auf solche Änderungen sorgsam hingewiesen werden.

Vertrags-
verhandlungen

  •  Besonders dann, wenn Ihr Projekt mehrere Auftraggeber hat und diese Geldgeber unterschiedliche Anliegen durch die Beauftragung verfolgen, sollten Sie dies im Antrag deutlich dokumentieren. Die Offenlegung unterschiedlicher Auftrageberwünsche erzwingt eine frühzeitige und sachliche Befassung mit möglichen Zielkonflikten innerhalb Ihres Projektes. Sie schützt Ihr Team vor Überforderung und wird Sie selbst in ihrer Leitungsverantwortung gegenüber den Auftraggebern entlasten.

Finanzierungs-
allianzen

  • Binden Sie Praxispartner zum frühestmöglichen Zeitpunkt - also möglichst bereits in die Formulierung Ihrer Projektziele und Forschungfragen ein
  • Versuchen Sie, eine finanzielle Beteiligung Ihrer Praxispartner am Projekt zu erreichen. Die Übernahme finanzieller Mitverantwortung für ein Forschungsvorhaben sowie die Stärkung der gemeinsamen Identität werden von erfahrenen ForscherInnen als die wichtige Maßnahmen empfohlen, um Personen aus der Praxis auf gemeinsame Arbeitsziele zu verpflichten.

Verpflichtungen

  •  Erfahrene Forscherinnen und Forscher die bereits in interdisziplinären und transdisziplinären Projekten gearbeitet haben empfehlen, im Projektantrag ausreichend Spielraum für nötige Anpassungen von Forschungszielen und Methodik vorzusehen. Folgen sie dieser Empfehlung und prüfen Sie in gesonderten Teamsitzungen periodisch, welche Änderungen allenfalls auch von Kooperationszielen mit Praxispartnern vorgenommen werden sollten.
  • Wichtig für die Qualitätssicherung der wissenschaftlichen Arbeit in Ihrem Projekt ist es , solche Modifikationen der Zusammenarbeit und die Begründungen dafür ausführlich zu dokumentieren
  • Besprechen sie die Änderungen auch mit Ihren Fördergebern oder setzen Sie diese zumindest schriftlich von Änderungen in Kenntnis, welche spezifisch die Ziele oder die Methodik der Einbeziehung von Praxisvertretern betreffen.

Qualitäts-
sicherung

Wenn Forschungsprojekte sich über mehrere Jahre erstrecken, ergeben sich bisweilen gravierende Änderungen in den Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit mit Praxispartnern. Politische und gesetzlichen Konditionen können sich ändern, Verschiebungen von technologischen und wirtschaftlichen Einflußfaktoren oder institutionelle Umbrüche können das Projekt beeinflussen. Wenn Praxisvertreter als Kooperationspartner in Ihr Projekt eingebunden sind, so wirken sich solche veränderten Rahmenbedingungen besonders unmittelbar auf die Projektarbeit aus.

  • Sobald sich solche Entwicklungen abzeichnen, ist eine ausführliche Überprüfung der Rahmenbedingungen gemeinsam mit Ihren Praxispartnern ratsam. Sie können zu diesem Zweck auf eine visualisierte Projektumfeldanalyse aus der Startphase des Projektes zurückgreifen, soferne Sie eine solche erstellt haben.
  • Nehmen Sie sich für diese wichtige Arbeit einige Stunden Zeit, wenn nötig auch mehrmals im Laufe eines mehrjährigen Projektes. Diskutieren Sie die Auswirkungen der veränderten Rahmenbedingungen auf die Einstellung Ihrer Praxispartner zur Kooperation mit Ihrem Forschungsvorhaben und konkretisieren Sie gemeinsam geeignete Projektanpassungen, wenn sich solche als nötig erweisen

Rahmen-
bedingungen

  •  Achten Sie darauf, dass Ihre Praxispartner mit realistischen Nutzenkalkülen in die Kooperation mit ihrem Forschungsvorhaben einsteigen.
  • Um das Engagement Ihrer Partner aufrecht zu erhalten, sorgen Sie nicht nur für die gemeinsame Erstellung von Produkten sondern auch für gemeinsame Präsentationen in der Öffentlichkeit und in Medien des Zielpublikums
  • Gestalten Sie gemeinsame Tagungen und Weiterbildungsveranstaltungen
  • Laden sie zu diesen Veranstaltungen Vertreter der Zielgruppen und AnwenderInnen Ihrer gemeinsamen Forschungsergebnisse ein. Der zuletzt genannte Punkt hat sich als besonders wirksame motivationsfördernde Maßnahme erwiesen.
  • Beziehen Sie Ihre Praxispartner regelmäßig und möglichst häufig in die Treffen Ihres Projektteams ein. Dies auch in der Phase der eigentlichen Forschungsarbeit. Nicht nur zu Beginn, bei der Zielformulierung - und am Schluß, bei den Ergebnispräsentationen!
  • Private Forschungseinrichtungen sind als vermittelnde Partner im Team nützlich wenn akademisches Wissen mit Praxisexpertise zusammengeführt werden soll. Dies gilt besonders für die Phase der Produktentwicklung

Kontaktpflege

 2. Produktentwicklung


  • Wie kann sichergestellt werden, dass das gemeinsam Erarbeitete Bestand hat? Unsere wichtigste Empfehlung geht dahin, die Bedürfnisse jener Adressaten frühzeitig zu klären, für die Sie arbeiten wollen. Gleichgültig, um welche Art von Produkten es sich handelt, das Erarbeitete wird nur Bestand haben, wenn dafür Bedarf und Akzeptanz gegeben ist.
  • Beziehen Sie Ihre Praxispartner auch in die Produktentwicklung als solche ein. Sie haben die nötige Expertise um die Produkte attraktiv zu gestalten und versteckte Mängel rechtzeitig zu entdecken
  • Ebenso wichtig ist ein gutes Kommunikationskonzept, damit Ihre Adressaten überhaupt von den Ergebnissen erfahren, die Sie in Ihrem Projekt erarbeiten wollen. Die Wahl der Kommunikationswege und - medien muß sich in erster Linie nach den Gewohnheiten und dem Wahrnehmungshorizont dieser Adressaten richten.
  • Gemeinsame Tagungen, Weiterbildungsveranstaltungen und Ergebnispräsentationen vor den Zielgruppen sind ein wichtiges Signal für die Anwender, dass auch Ihre Praxispartner hinter den Ergebnissen der Kooperation stehen. Solche Präsentationen spielen überdies eine wichtige Rolle für das Entstehen eines Gemeinschaftsgefühls im Projektteam und dieses Gefühl sichert die Aufrechterhaltung der Motivation zur Zusammenarbeit bei Ihren Praxispartnern.

Ergebnis-
sicherung

Publish or perish. Wissenschaftlicher Qualitätssicherung ist auch für fächerübergreifende umsetzungsorientierte Forschungsteams nötig, die mit Praktikern zusammenarbeiten und die ihre Ergebnisse in Pilotvorhaben umsetzen will. Die Publikationsverpflichtung ist eine allerdings eine harte Vorgabe weil geeignete Fachzeitschriften rar sind und in der Evaluationspraxis niedriger eingestuft werden als die hochspezialisierten disziplinenzugeordneten Medien. Die dort veröffentlichten Beiträge werden von arrivierten Spitzenforschern und -ForscherInnen selektiert. Es ist schwierig, den Innovationsgehalt interdisziplinärer oder transdisziplinärer Erkenntnisse in diesen Selektionsverfahren nach den Qualitätskriterien nur einer der beteiligten Fachrichtungen zu beurteilen. Aus einzelfachlicher Perspektive werden interdisziplinär gewonnene Ergebnisse häufig als trivial oder zumindest als nicht innovativ kritisiert.

Um so wichtiger ist es, den spezifischen Mehrwert der interdisziplinären Zusammenarbeit laufend zu thematisieren und zu dokumentieren, um dann später - in der Publikationsphase darauf Bezug nehmen und ihn offenlegen zu können.

Publikationen

In zunehmendem Maße werden heute neben Publikationen auch nachweisbare Umsetzungserfolge als zweite Qualitätsdimension anwendungsorientierter Forschung bedeutsam. Auf dieser Ebene sind es nicht Veröffentlichungen die zählen sondern Beratungsleistungen, Öffentlichkeitsarbeit, Lehrpläne, Software, Networking, Handbücher, Machbarkeitsuntersuchungen und Pilotvorhaben aller Art.

  • Vorsicht ist im Hinblick auf die zweite Produktkategorie überall dort geboten, wo Sie sich im Projektvertrag auf Ergebnisumsetzungen verpflichten, die Sie in Anbetracht Ihrer Zuständigkeiten nicht garantieren können. Eine solche Verpflichtung kann sich nicht nur als (antragstaktisch zwar verständliche) Selbstüberschätzung erweisen, Sie gehen damit auch im Nahmen Ihres Projektteams ein unkalkulierbares Risiko ein.
  • Eine weitere Gefahr für realitätskonforme und damit erfolgreiche Produktentwicklung ist die Annahme, dass in der Anwendungspraxis fachliche Entscheidungskriterien Priorität von politisch-ökonomischen Interessen haben - wie die in der Wissenschaft der Fall ist. - oder sein sollte.

Ergebnis-
umsetzung

  • Interdisziplinäre Projekte bemühen sich oft redlich um die Erzeugung eines gemeinsamen Syntheseproduktes, welches alle relevanten Projekterkenntnisse wiederspiegelt und in dem die Fachkompetenzen aller beteiligten Disziplinen sichtbar werden. Dieses Produkt soll dann auch für alle zugeordneten Adressatenkreise zugleich brauchbar sein - und gerade das ist kaum möglich.
  • Gestalten Sie daher spezifische Produkte für spezifische Adressaten. Dies erleichtert sowohl die Produktentwicklung als auch die Kommunikation mit den Anwendern. Nutzen Sie dazu zwar die interdisziplinären Gesamtkompetenzen Ihres Teams aber vertrauen Sie die abschließende Produktgestaltung jenen Teammitgliedern an, die fachlich am anschlußfähigsten an die Produktanwender sind.
  • Schließlich gibt es auch noch eine Kategorie von Produkten, die im Projekt selbst oft ambivalent wahrgenommen wird: Qualifikationsarbeiten sind üblicherweise für die Außenevaluation von Forschungsprojekten, Forschungsinstitutionen und auch Forschungsprogrammen ein wichtiger Erfolgsmaßstab. Aus der Sicht des internen Qualitätsmanagements im betroffenen interdisziplinären Forschungsvorhaben sind sie aber Nebeninteressen einzelner Teammitglieder denen keinesfalls zu hohe Zeitressourcen zufließen dürfen wenn die Projektziele des Gesamtteams erreicht werden sollen.

Wollmilch-
schweine

 

In interdisziplinären Projekten sollte fachübergreifend überlegt werden, welche Ziele mit den gemeinsamen Forschungsprodukten erreicht und wie diese entwickelt werden sollen. Es kann aber sehr sinnvoll sein, das eigentliche Produktdesign später an ein Teilteam zu delegieren um Ressourcen zu sparen und um eine adressatenspezifische Ausrichtung zu fördern. Eine solche Arbeitsteilung sollte in der Projektkonzeption nicht durch zwanghaft für jede Art von Arbeitsphase vorgeschriebene Interdisziplinarität verunmöglicht werden.

Produktideen

  • Machen sie mit Ihrem Team ein ausgiebiges Brainstorming wie und an wen Sie ihre Projektergebnisse vermitteln möchten und welche Produktideen sich daraus ableiten lassen.
  • wählen Sie ein oder zwei Personen aus dem künftigen Adressatenkreis aus und holen Sie Feedback zu diesen Produktideen ein.
  • Dokumentieren Sie diese Anregungen Ihrer Adressaten bereits im Projektantrag und begründen Sie damit ihre Produktvorschläge

 

  • Wenn Sie in der praxisorientierten Forschung arbeiten und herausfinden wollen, wer Ihre Adressaten sein könnten und welche Bedürfnisse diese haben, dann nutzen Sie die Technik der Projektumfeldanalyse. Diese Visualisierung aller Interessengruppen und Umwelten, welche für Ihr Projekt von Bedeutung sind und die Analyse der Einflüsse die von diesen Umfeldern ausgehen, wird Ihnen helfen, zwischen Auftraggebern, Finanziers, Adressaten, Anwendern und Betroffenen zu unterscheiden. Deren spezifische Anliegen sind wiederum für Ihre künftige Produktgestaltung bedeutsam.
  • Auch wenn Sie Grundlagenforschung betreiben und Ihre Zielgruppe somit die Scientific Community ist, wird es für die Akzeptanz und das Interesse, das die Kollegenschaft ihren Forschungsergebnissen entgegenbringt von Bedeutung sein, sich Gedanken darüber zu machen, in welcher Form Sie diese Ergebnisse am anschaulichsten kommunizieren könnten.

 

  • Bestimmen Sie schließlich den Stellenwert, den Lernende als Adressaten ihrer Projektergebnisse haben sollen. Schulungsunterlagen, Lehrbücher, Foliensammlungen oder Lern-Software sind Produkte, die in ihrer Entwicklung und Gestaltung in erster Linie auf Ausbildungserfordernisse auszurichten sind. Solche Erfordernisse können sich im Zuge der Technologieentwicklung sehr schnell ändern. Prüfen Sie daher, in welcher Form Sie Ihren Adressaten das neue Wissen am besten zugänglich machen können.

Lehre

 Die Wissenschaft soll sich in den Dienst gesellschaftlicher Bedürfnisse stellen, sich aber nicht von politischen oder wirtschaftlichen Interessen dirigieren und vereinnahmen lassen. Das ist eine schwierige Gratwanderung. Um sie bewältigen zu können wird forschungspolitisch zwischen Antragsforschung und Auftragsforschung unterschieden. Treffen auch Sie diese Entscheidung bewußt wenn Sie eine Projektidee realisieren wollen, sonst geraten sie zwischen die Räder unterschiedlicher Qualitätserfordernisse.

Ver-
einnahmungs-
gefahr

In der Startphase eines Projektes konzentriert sich alle Aufmerksamkeit auf organisatorische und vertragliche Fragen, auf Teambildung, Zeitplanung sowie erste inhaltliche und methodische Diskussionen. Die Befassung mit den Produkten scheint in dieser Phase vielen verfrüht und sie fällt oft schwer, weil andere Dringlichkeiten im Vordergrund stehen.

  • Tun Sie dennoch Ihr Möglichstes, um im Team bereits zu diesem Zeitpunkt eine Prüfung und Konkretisierung der gemeinsamen Projektideen anzuregen
  • betrachten Sie es als Qualitätsmerkmal und nicht als düsteres Vorzeichen, wenn sich schon in der Startphase die im Antrag festgehaltenen Produktideen bei genauerer Prüfung verändern.
  • Nehmen Sie die Produkthinweise, die Sie von befragten oder ins Team einbezogenen Praktikern erhalten ernst. Holen Sie spätestens jetzt solche Rückmeldungen von Experten aus dem künftigen Anwendungsbereich Ihrer Forschungsergenisse zu den Produktideen ein.
  • Stellen Sie in der Befragung von Adressaten und Anwendern auch offene und nicht nur geschlossene Fragen. Sie vergrößern damit Ihre Chancen, neue Produktideen aufzuspüren
  • Beziehen Sie gegebenenfalls Fachleute für die Erstellung professioneller Marktanalysen in Ihr Projektteam ein und untersuchen Sie Bedarfslage, Nachfrage, Kaufkraft und Akzeptanz für Ihre verschiedenen Produktideen. Dies ist auch dann sinnvoll, wenn es sich bei Ihren künftigen Produkten um Beratungsdienstleistungen, Schulungsunterlagen oder Planungsbehelfe handelt.

Produkt-
erstellung

 Zielkonkurrenzen und Kapazitätskonflikte zwischen Forschungs- und Praxisinteressen bzw. unterschiedlichen Erfolgskriterien in ihrem Projekt äußern sich konflikthaft in späteren Projektphasen wenn sie diese nicht rechtzeitig erkennen und thematisieren. Die Spannung zwischen den beiden Zielsetzungen wird dadurch nicht aufgehoben aber es kann geordnet verhandelt werden was sich sonst möglicherweise eruptiv entlädt.

Zielkonflikte

 Auch während Sie noch mit Erhebungs- und Analysearbeiten beschäftigt sind lassen sich oft Zwischenergebnisse in Produkte verwandeln. Dies können Fachartikel über Ausgangsthesen Ihres Projektes oder zum Beispiel Dokumentationen von Kartierungsdaten für Planungsabteilungen sein. Für deren Arbeit sind bisweilen auch solche Rohdaten nützlich als argumentativer Rückhalt in fachlichen Entscheidungen. Suchen Sie nach Gelegenheiten für die Weitergabe von Zwischenprodukten Ihrer Forschung. Es ist dies die beste Möglichkeit, sich rechtzeitig ein qualifiziertes Feedback künftiger Anwender zu holen - auch dann, und gerade dann - wenn diese Rückmeldungen kritische Anmerkungen beinhalten

 

 Zwischen-
produkte

3. Ressourcenplanung

 

Ressourcenplanung und -controlling ist eine Aufgabe, die vielen Wissenschaftern un Wissenschafterinnen schwer fällt. Der Vergleich von Soll und Ist, die Entscheidung, spannende Forschungsphasen abzubrechen, weil die dafür geplanten Zeitressourcen aufgebraucht sind, das Aufdecken des Ausmaßes, in welchem die tatsächlich aufgewendete Zeit das ursprünglich vorgesehene Maß überschritten hat - können unangenehm sein Dort, wo Qualifizierungsarbeiten im Spiel sind, wo Lebensplanungen vom wissenschaftlichen Niveau einer Dissertation oder Habilitation abhängen, ist es schwierig bis unmöglich, den persönlichen Einsatz streng an den vorgegebenen finanziellen Ressourcen auszurichten.

 

 Qualifizierungs-
arbeiten

 

Speziell für transdisziplinäre Teams gilt, daß zu klären ist, welche Rolle die Praxispartner spielen. Sind sie auch finanziell beteiligt? In welcher Form? Sollen sie auch (finanzielle) Ressourcen erhalten, das heißt sollen Praxisvertreter reguläre Mitglieder des Projektteams werden? Beispielsweise könnte es sinnvoll sein, daß der Geldgeber für ein Kommunalforschungsvorhaben eine Stelle für einen Verwaltungsangestellten finanziert, der als Praxispartner vor Ort in einer Kommunalverwaltung für das Projekt aktiv ist. Umgekehrt kann sich aber auch der Fall ergeben, daß Praxispartner sich aktiv mit eigenen Ressourcen einbringen und damit in der Rolle eines Geldgebers sschlüpfen.

Ressourcen der
Praxispartner

Oft läßt sich zu Projektbeginn auch für erfahrene Wissenschafter und Wissenschafterinnen nicht korrekt einschätzen, wieviel Aufwand nötig sein wird, um bestimmte Ergebnisse zu erhalten. Im allgemeinen gestatten es Förderbedingungen und Beauftragungsrichtlinien nicht, Pufferbudgets ohne entsprechende Leistungsverpflichtungen in die Kalkulationen aufzunehmen. Und nicht zuletzt sorgt der Konkurrenzdruck, der Wettbewerb um knappe Forschungsgelder dafür, dass ein Maximum an Forschungsleistung für die beantragten Gelder in Aussicht gestellt wird und dass nur sehr kleine bis gar keine Sicherheitsspielräume einkalkuliert werden.

Wir haben daher , für diese schwierige Aufgabe der Ressourcenplanung, sowie für die Überwachung und Nachkalkulation des Ressourcenverbrauches eine Auswahl von Tipps zusammengestellt welche diese spezifischen Hintergründe berücksichtigen. Es sind nur wenige - aber solide und wirkungsvolle Techniken, die Ihnen helfen werden einen guten Überblick über Ihr Projekt zu behalten und vermeidbaren Teamkonflikten vorzubeugen.

Pufferbudgets

 

Überall dort, wo in einem Forschungsteam VertreterInnen unterschiedlicher Institutionen zusammenarbeiten, treffen nicht nur verschiedenartige Denkkulturen und Kommunikationsstile aufeinander sondern auch unterschiedliche Verrechnungslogiken und Ressourcenverfügbarkeiten. Studentische Arbeitskraft zum Beispiel ist für Universitäten nahezu gratis. Private Forschungsinstitutionen oder Planungsbüros die in transdisziplinären Projekten mitwirken ist können nicht auf solche Reserven zurückgreifen. Ebensolches gilt für die unentgeltliche Verfügbarkeit von Arbeits- und Besprechungsräumlichkeiten, die Benutzung von laufend modernisierten und gewarteten EDV-Anlagen, Anschaffung und Update der verwendeten Software oder die Nutzung von Bibliotheksdiensten und von Sekretariatsleistungen.

Die einzige (korrekte) Lösung für dieses Problem besteht darin, in solcherart gemischten Teams mit unterschiedlichen Stundensätzen zu kalkulieren. Trotz anfänglicher Einsicht in diese Notwendigkeit, können aber im Verlauf des Projektes die unterschiedlichen Finanzierungszwänge wieder in Vergessenheit geraten und die verschieden hohen Stundensätze bzw. die daraus resultierende Ungleichverteilung der Projektumsätze (bei evt. gleichverteilten Leistungsbeiträgen) zu Konflikten im Projektteam führen.

In transdisziplinären Forschungskooperationen mit Verwaltungen können Probleme aus der Einführung der Kosten-Leistungsrechnung entstehen. Zum Beispiel kann die Bereitstellung von Daten unvorhergesehene Kosten verursachen.

Wie schon gesagt, ist je nach Marktabhängigkeit einer Forschungseinrichtung die Art der Kostenkalkulation verschieden. Während Universitäten eine staatlich finanzierte Grundausstattung aufweisen, haben andere öffentlich finanzierte Einrichtungen oftmals nur eine Teilabdeckung laufender Kosten und freie Institute müssen diese Kosten voll in Ihre Projekte einrechnen. De facto ändert die Unterschiedlichkeit der institutionellen Finanzierungsbasis nichts an den - in einem gemeinsamen Projekt - benötigten Ressourcen, sehr wohl aber an den jeweils verrechneten Kostensätzen und Kalkulationslogiken.

 Verrechnungs-
logiken

Welche Ressourcen sollten Sie für die einzelnen Aufgabenpakete vorsehen?

  • Fertigen Sie bereits in der Konzeptionsphase Ihres Projektes ein erstes Organigramm für die Diskussion der Zuständigkeiten und die Zuordnung der entsprechenden Ressourcen an. Diese Visualisierung wird Ihnen helfen, die vielfältigen Aufgaben, welche sich stellen werden klarer zu überblicken.
  • Zerlegen Sie diese Aufgaben mit Hilfe einer Tabelle in einzelne Arbeitspakete, indem Sie einerseits die Zuständigkeiten laut Organigramm und andererseits alle anfallenden Tätigkeiten und die dafür benötigten Ressourcen auflisten.
  • Um die nötigen Ressourcen für diese Arbeitspakete zu ermitteln, planen Sie zunächst nicht in Geld sondern in Mengeneinheiten: also zum Beispiel in Manntagen, Menschmonaten, Arbeitsstunden, Reisekilometern, Hotelnächten, Telephonstunden, Kopiezahlen usw.
  • Vermeiden Sie Inkrementalschätzungen (zB 20% mehr Reisekosten als im Projekt xy)
  • Legen Sie dann erst die Mengeneinheiten in monetäre Größen um. Weisen Sie in diesem Arbeitsschritt konsequent auch den Ressourcenbedarf für jene Teammitglieder aus, die für den Verbrauch der benötigten Ressourcen in ihren Institutionen nichts bezahlen müssen. Bepreisen sie die entsprechenden Positionen für diese Teammitglieder in Ihrer Kalkulation einfach mit Null. Nun legen Sie für die anderen Teamitglieder aus frei finanzierten oder teilweise öffentlich finanzierten Institutionen die kalkulierten Mengeneinheiten nach deren spezifischen Kostensätzen in monetäre Größen um.
  • Vergewissern sie sich (im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten), ob die Qualität von Daten, auf die Sie zurückgreifen wollen dem entspricht, was in ersten Vorgesprächen angedeutet wurde. Erbitten Sie - wenn irgend möglich - eine schriftliche Beschreibung der Datenqualität für Ihren Forschungsantrag, wenn Sie sich diesbezüglich von Dritten oder auch von einem einzelnen Teammitglied abhängig machen. Ihre Bitte wird dazu beitragen, die Datenqualität realistisch einzuschätzen und die für eine (häufig sehr aufwendige) Datenaufbereitung notwendigen Ressourcen in der notwendigen Höhe einzuplanen.
  • Besprechen Sie für die Projektkalkulation, ob alle Ihre Teammitglieder mit kompatiblen Softwareversionen arbeiten und ob sie über die eventuell speziell benötigte Hardware Ausstattung (zB Farbdrucker, DinA3 Drucker, Plotter, Beamer, persönliche eMail-Adresse) verfügen. Wenn dies nicht der Fall ist, nehmen Sie entsprechende Positionen in Ihre Kalkulation auf.
  • Vereinbaren Sie mit Ihrem künftigen Team auch einen Mindeststandard dafür, wie oft eMails abgerufen und in welcher Frist sie beantwortet werden. Auch diese Art von Vereinbarung hat ganz unmittelbar mit der Zuordnung persönlicher Zeitressourcen zum Projekt zu tun.

 

Je nach Projektstruktur sind hier vom Geldgeber unterschiedliche Regelungen gegeben, an die Sie sich zu halten haben. Eine gängige Vorgehensweise ist es, die Mittel zentral bewirtschaftet werden, es gibt aber auch - je nach Förderbestimmungen - andere Modelle.

Eine dezentrale Verwaltung der Ressourcen birgt die Gefahr, daß die Transparenz der Kostenkontrolle verloren geht. Es kann dann nicht korrigierend eingegriffen werden, wenn einem Teilprojekt die Mittel für wichtige unvorhergesehene Arbeitsschritte ausgehen während vielleicht gleichzeitig in einem anderen Teilprojekt zu wenig für die zugeteilten Mittel geleistet wird.

Aber auch eine zentrale Verwaltung der Mittel birgt Gefahren. Die Teilteams können sich benachteiligt sehen, wenn die Information über die Mittelverteilung nicht zureichend erfolgt und dieselbe nicht sorgsam abgestimmt wird.

  • Infomieren Sie sich daher frühzeitig über die Vorschriften Ihres Förderers hinsichtlich der Ressourcenverwaltung wenn sie ihre Projektorganisation zu planen beginnen.
  • Halten Sie in Ihrer Kooperationsvereinbarung fest, wie im Bedarfsfall über eine Abänderung der Ressourcenverteilung entschieden wird. Ein solcher Fall kann eintreten, wenn ein Teilteam unvorhersehbare Mehrleistungen für das gesamte Projekt übernimmt und die geplante Budgetaufteilung aus diesem Grund geändert werden muß. Die Vereinbarung sollte weiters eine Bestimmung dazu enthalten, in welchen Fällen der Geldfluß gestoppt wird, bis ausstehende Leistungen erbracht worden sind.

Ressourcen-
verwaltung

 

Nicht alle Antragsrichtlinien sehen die Abgeltung von Overheadkosten vor. Dort, wo die Mitwirkung privater oder halböffentlicher Forschungseinrichtungen oder Ingenieurbüros aber aus inhaltlich-programmatischen Gründen dennoch ausdrücklich erwünscht ist, können in der Regel gemeinsam mit den Fördergebern entsprechende Antragskonstruktionen gefunden werden, welche diese Kosten dennoch berücksichtigen. Gleiches gilt für den Einbezug anderer Praxispartner in Ihr Projekt.

  • Es ist in diesen Fällen nicht nötig, auf einer separaten Ausweisung der Overhead-Kosten im Antrag zu bestehen. Eine rechtzeitige Änderung der Förderrichtlinien liegt häufig außerhalb der Kompetenzspielräume der Ihrer Ansprechpartner aus den Förderinstitutionen. Zeigen Sie dem Projekt zuliebe Flexibilität und richten Sie sich nach den Hinweisen, die Sie vom Fördergeber - oder der für die Beratung von Antragstellern zuständigen Person - erhalten

Overhead

Wenn möglich vermeiden Sie Zusatzakquisitionen, die sich noch in die Startphase eines Projektes hineinziehen, sie belasten ein Forschungsvorhaben sehr. Die Detailplanung der ersten Arbeitspakete und die Erhebungsarbeiten müssen dann schon begonnen werden ohne noch die Wünsche der zusätzlichen Auftraggeber und die daraus resultierenden zusätzlichen Arbeitspakete und Terminverpflichtungen zu kennen. Eine realistische Kapazitätsplanung wird sehr erschwert, und die Projektziele spalten sich in unkontrollierbarer Weise auf. Versuchen Sie in diesem Fall lieber den Projektbeginn hinauszuschieben, bis alle Teilbeauftragungen erfolgt sind.

Zusatz-
akquisitionen

  • Bei einer Kürzung des beantragten Budgets ist zu prüfen, welche der vorgeschlagenen Erhebungen oder Analysen grundsätzlich wie geplant - aber eben in reduziertem Umfang erfolgen können und wo die Budgetkürzung zur Folge hat, dass Projektteile gänzlich gestrichen werden sollten weil eine reduzierte Bearbeitung keine sinnvollen Ergebnisse mehr bringen kann.
  • Achtung auch mit der Einsparung von Projektleitungsmitteln, um Teilprojekte zu "verschonen". Wenn Management und Koordination leiden, ist das Arbeitsziel des Gesamtprojektes gefährdet.
  • Budget-
    kürzungen

     

    • Achten Sie darauf, in Ihr Projekt keine unerfüllbaren Zielkonflikte einzubauen, indem Sie bei Auftraggebern aus der Praxis immer neue zusätzliche Erwartungshaltungen entstehen lassen. Das ist oft schwer, weil sich naturgemäß deren Interessen am Projekt bei Veränderung ihrer eigenen Rahmenbedingungen mitverändern. Etwas, das die Förderrichtlinien klassischer Forschungsförderung übrigens verhindern. Stellen Sie klar, dass Sie sich für die bereits zugesagten Mitteln auf ganz bestimmte Leistungen verpflichtet haben. Zusätzliche Leistungen sollten wirklich nur für zusätzliche Mittel erbracht werden. Ihre Geldgeber werden diese Art beharrlicher Korrektheit letztlich zu schätzen wissen und Sie bewahren sich und Ihr Team vor großen Schwierigkeiten.

    Mittel-
    aufstockungen

     

    Nach der Grobkonzeption in der Beantragungsphase eines Projektes geht es nun darum, die einzelnen Arbeitspakete mit detaillierten Arbeitsschritten zu füllen und untereinander abzugrenzen. Die benötigten Kapazitäten müssen von allen Teammitglieder in ihrer Arbeitsplanung reserviert werden und es ist zum Beispiel auch die Frage zu klären, wann und in welchem Ausmaß eine Nutzung von vorhandenen Sekretariaten oder Besprechungsräumlichkeiten für Projekterfordernisse garantiert werden kann.

    Zur Verteilung von Ressourcen gehört auch die Kalkulation von Reisekosten für Treffen sowie die Mittelplanung für Arbeitstreffen, Präsentationsveranstaltungen und Publikationen.

    • Berücksichtigen Sie den Effekt des sogenannten ´Parkinsonschen Gesetzes´ in Ihrer Zeitplanung. Es besagt, dass der Zeitaufwand für Leistungen, die erst in weiterer Zukunft erbracht werden tendentiell überschätzt wird, während der Ressourcenbedarf für Aufgaben, die in nächster Zukunft zu erledigen sind stark unterschätzt wird.
    • Rechnen Sie daher bei den dringlichen Aufgabenpaketen besonders genau nach und redimensionieren Sie diese rechtzeitig oder erhöhen sie die nötigen Kapazitäten - je nachdem, über welche Spielräume Sie verfügen

    Detailplanung

     

    Das Ziel guter Arbeits- und Budgetplanung besteht darin, ein Projekt unter Kontrolle zu halten und die Forschungsarbeiten nach Plan abzuwickeln. ´Muddling through´ ist unerwünscht. Dennoch wird - und muß - es Phase des Kontrollverlustes geben, in denen Ziel- und Methodenanpassungen vorzunehmen sind, Erhebungskonzepte umgeworfen werden müssen, Änderungen von Theoriezugängen sinnvoll sind und sich das Team durch Phasen unklarer Dateninterpretationen oder akuter Fachkonflikte durchlavieren muß. Diese Probleme treten fast zwingend in interdisziplinären und transdisziplinären Forschungsprojekten auf. Lassen sie sich dadurch nicht verunsichern und beobachten Sie sorgfältig, wo und warum sich Ihre urprüngliche Ressourcenplanung nicht durchhalten läßt.

    • Halten Sie alle Abweichungen von Projektkonzept schriftlich fest und legen sie diese offen. So können andere aus Ihren Versuchen lernen und Sie werten individuellen Mißerfolg in kollektiven Wissensgewinn um. Die Dokumenation des Ressourcenaufwandes für ebendiese Dokumentationsarbeit kann sogar als Argumentationshilfe bei nötigen Mittelaufstockungen dienlich werden.

    Kontrollverlust

     

    Werden die Ressourcen planmäßig eingesetzt? Es ist wichtig, den Überblick über den laufenden Ressourcenverbrauch zu bewahren um steuernd eingreifen zu können wenn ein Projekt ´aus dem Ruder läuft´. Während intrainstitutionell Zeiterfassung und Projektcontrolling sich auch in der Forschung schon weitgehend etabliert haben, ist eine institutionenübergreifende Beobachtung des Ressourcenverbrauches in interdisziplinären und transdisziplinären Projekten unüblich.

    • Dennoch ist sinnvoll ein Mitglied des Projektteams mit der Aufgabe zu betrauen, den Verbrauch an Arbeitszeit und Materialkosten im Projekt zentral zu überwachen. Zu diesem Zweck sollten die Teammitglieder regelmäßig Zeitverbrauch und Spesen per eMail melden. Erinnerungsmails und -faxe sowie Dokumentation von Verspätungen erzeugen den nötigen sozialen Druck im Team, um eine gemeinsame regelmäßige Nachkalkulation der verbrauchten Ressourcen und rechtzeitige steuernde Eingriffe zu ermöglichen.
    • Vereinbaren Sie ´Cut Off´ Meilensteine, an denen - ungeachtet von Habilitations- oder Disserationsnotwendigkeiten - Arbeiten auch dann abgeschlossen werden müssen, wenn die angestrebten Ergebnisse noch nicht zu 100% vorliegen. Sonst entgleitet Ihnen die Terminplanung Ihres Projektes.
    • Sollte es zu Verzögerungen kommen, was gerade in empirischer Forschung häufig der Fall ist, so sollten sie sicherstellen, daß diese möglichst frühzeitig erkannt und diskutiert werden. Überlegen Sie, ob die Untersuchung im vorgesehenen Umfang aufrecht erhalten werden muß, oder ob sich Prioritäten bilden lassen. Hierbei sollten Sie Rücksicht auf die inhaltiche Verkopplung der Arbeitsschritte nehmen. Wenn zum Beispiel ein nachfolgendes Projekt nicht weiter arbeiten kann, weil es notwendige Daten nicht erhält, kann dies ihre gesamte Verbundarbeit beeinträchtigen.
    • Wenn abssehbar ist, daß die Ressourcen nicht ausreichen, diskutieren sie möglichst frühzeitig, ob Aufstockungen möglich sind, da eine Nachbeantragungen wiederum Zeit braucht.

    Controlling